Ständige Müdigkeit kann den Alltag zu einer Belastungsprobe werden lassen. So werden selbst einfache Aufgaben im Haushalt zu einer Herausforderung. Der medizinische Fachbegriff für diese chronische Müdigkeit lautet Fatigue. Nicht selten tritt Fatigue als Begleiterscheinung von chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) auf. Sollten Sie davon betroffen sein, ist es wichtig, dass Sie sich und Ihre Bedürfnisse im Blick behalten und Prioritäten setzen. So stellen Sie sicher, dass Ihnen noch genug Energie bleibt für Dinge, die Ihnen besonders am Herzen liegen.
Der Wortursprung von Fatigue liegt im Lateinischen: „Fatigatio“ bedeutet „Ermüdung“. Fatigue wurde aus dem Französischen ins Deutsche übernommen, deshalb spricht man es „Faa-tik“ aus. Typisch für Fatigue sind erschöpfte Kraftreserven, chronische Müdigkeit, starke Erschöpfung und Antriebslosigkeit. Ruhepausen und Schlaf helfen nicht. Außerdem kann Fatigue sogar ohne vorherige Anstrengung auftreten sowie die körperliche und geistige Energie verringern. Das sorgt wiederum dafür, dass für diverse Aktivitäten, beispielsweise im Beruf oder in der Freizeit, keine Kraftreserven mehr vorhanden sind.
Wenn Sie von Fatigue betroffen sind, sind Sie nicht einfach nur müde. Sie sind vielmehr ständig erschöpft und ohne Energie. Es kann sein, dass Sie sich schwer konzentrieren können oder schlecht schlafen. Untersuchungen haben gezeigt, dass jeder Zweite mit einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung von Fatigue betroffen ist. Für viele Patienten sind die Einschränkungen durch die ständige Energielosigkeit sogar belastender als häufige, dringende Toilettengänge oder Schmerzen.
Unter Müdigkeit leidet jeder einmal, z. B. weil er überarbeitet ist oder weil sich eine Erkältung ankündigt. Diese Müdigkeit geht vorüber, sobald die Ursache beseitigt ist und Sie sich ausgeschlafen haben oder genesen sind. Bei Fatigue werden Erschöpfung und Energielosigkeit zum Dauerzustand und selbst ausreichend Schlaf bessert die Müdigkeit nicht.
Woher Fatigue kommt, ist bisher nicht genau geklärt. Forscher vermuten, dass verschiedene Faktoren dieses häufige Begleitsymptom chronisch-entzündlicher Erkrankungen begünstigen. So können etwa Entzündungsprozesse im Körper die Schlafphasen verändern. Dies ist die Folge eines normalerweise sinnvollen Mechanismus Ihres Körpers: Bei einer akuten Infektion läuft das Immunsystem auf Hochtouren, um die Krankheitserreger zu bekämpfen. In dieser Phase fühlen Sie sich entsprechend antriebslos, haben weniger Appetit und schlafen viel – bis die akute Infektion vorüber ist. Doch wer unter Fatigue leidet, befindet sich dauerhaft bzw. wiederkehrend in diesem Passivmodus. Der Körper ist dann nicht in der Lage, ausreichend Energie bereitzustellen.
Tiefergehende Informationen zu Fatigue finden Sie in der Broschüre „Ständig müde? Aktiver Alltag mit einer chronisch-entzündlichen Erkrankung“, die Sie unter Meine Broschüren bestellen oder downloaden können.
Für Ihren Arzt steht bei der Behandlung Ihrer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung meist im Vordergrund, die Entzündungsaktivität zu reduzieren und Ihre Schmerzen effektiv zu lindern. Denn wenn sich die Darmschleimhaut regeneriert, fühlen sich viele Betroffene schon viel vitaler.
Sollten Sie sich jedoch trotz bestmöglicher Therapie ständig müde und kraftlos fühlen, sprechen Sie Ihren Arzt direkt darauf an. Fatigue, die durch eine CED ausgelöst wird, wird häufig übersehen und die Erschöpfung mit einem Schub oder mit zu viel Stress erklärt.
Zunächst wird Ihr Arzt typische Ursachen für vorübergehende Erschöpfung abklären. Diese können vielfältig sein. So gibt es beispielweise Medikamente, die Müdigkeit hervorrufen und auch die täglichen Beschwerden kosten Energie. Leiden Sie unter Entzündungen im Darm mit Durchfällen, können Vitamine und Mineralstoffe fehlen und Ihre Leistungsfähigkeit verringern. Beispielsweise kann ein Eisenmangel zu Blutarmut führen. Aber auch eine Unterfunktion der Schilddrüse sowie ein Kalzium- oder Vitamin-D-Mangel können zu Energielosigkeit führen. Stress, psychische Belastungen und Depressionen lösen ebenfalls oft starke Müdigkeit aus. Werden diese Ursachen behandelt, verbessert sich in der Regel auch die Erschöpfung. Mehr über Mangelernährung und wie Sie ihr vorbeugen können, lesen Sie in der Broschüre „Gut ernährt mit einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung“.
Unterstützen Sie Ihren Gastroenterologen aktiv bei der Diagnosestellung. Notieren Sie z. B. in einem Symptomtagebuch, wann die Erschöpfung jeweils auftritt, was sie begünstigt oder wodurch sie evtl. gelindert wird.
Je nach Ihrer individuellen Situation wird Ihr Arzt Ihnen entsprechende Maßnahmen empfehlen:
Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, mit Fatigue besser umzugehen. Dazu zählen etwa Ernährung oder Sport. Probieren Sie aus, was Ihnen am meisten hilft. Akzeptieren Sie dabei, dass Sie bei relativ kleinen Belastungen schneller müde werden und suchen Sie Ihren persönlichen Weg, mit Fatigue umzugehen.
Nachweislich kann Sport dazu beitragen, dass Sie sich besser und länger konzentrieren können. Wichtig ist, dass Sie eine Sportart finden, die Ihnen Spaß macht. Geeignete Trendsportarten finden Sie z. B. in der Broschüre „Outdoor- und Wassersport mit einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung“.
Sind Sie erschöpft, legen Sie ohne Schuldgefühle eine Pause ein. Kämpfen Sie nicht gegen die Müdigkeit an, denn das kann die Erschöpfung sogar noch verstärken. Schaffen Sie sich ganz bewusst regelmäßige Ruheinseln, in denen Sie regenerieren und entspannen können. Anregungen für Entspannung und Meditation finden Sie in der gleichnamigen Broschüre.
Viele Betroffene finden es sehr hilfreich, feste Zeiten fürs Essen, für Aktivitäten und Entspannung einzuplanen. Probieren Sie es aus – auf diese Weise kommen Sie einfach leichter durch den Tag. Individuelle Rituale wie der Morgenkaffee oder ein kurzer Abendspaziergang unterstützen Sie dabei, zu entspannen, sich auf Schönes zu konzentrieren und neue Kraft zu tanken.
Setzen Sie Prioritäten und nutzen Sie Ihre Energie für Dinge, die Ihnen besonders wichtig sind. Wenn Ihnen etwas zu viel wird, scheuen Sie sich nicht, auch mal Nein zu sagen. Ein kurzer Mittagsschlaf kann entspannend wirken und neue Energien freisetzen. Sollten wichtige Tätigkeiten anstehen, planen Sie diese für Zeiten ein, an denen Sie mehr Energie haben. Auch den Alltag können Sie so strukturieren, dass er Sie möglichst wenig Kraft kostet. Gönnen Sie sich auch mal was! Wenn Sie beispielsweise am Abend zu müde zum Kochen sind, nehmen Sie einfach einen Lieferservice in Anspruch.
Über eine Patientenorganisation finden Sie andere Menschen, denen Sie nicht erst erklären müssen, welche täglichen Herausforderungen eine CED mit sich bringt. Holen Sie sich praxiserprobte Tipps und tanken Sie bei spannenden Gruppenaktivitäten auf. Kontakt zu regionalen Selbsthilfegruppen finden Sie z. B über die Deutsche Morbus Crohn/Colitis ulcerosa Vereinigung e. V. (DCCV) oder den Verein Chronisch glücklich e. V.
Schaffen Sie sich ein tragfähiges Unterstützungsnetzwerk. Sprechen Sie offen mit Ihren Angehörigen und werben Sie um Verständnis. Erklären Sie, dass Ihre Müdigkeit mit Ihrer Darm-Erkrankung zusammenhängen kann. Nehmen Sie Unterstützung an! Am besten überlegen Sie gemeinsam, wer welche Aufgaben übernehmen oder Hilfe für diese organisieren könnte.
Üppige Mahlzeiten und schweres Essen können verstärkend auf eine bestehende Erschöpfung wirken. Bereiten Sie Ihre Mahlzeiten möglichst darmfreundlich zu: Garen und Dünsten bekommt Ihrem Darm deutlich besser als Braten oder Frittieren. Weitere hilfreiche Infos rund um die Ernährung gibt es im Kapitel Sport und Ernährung.
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